Sonntag,
04.03.01
11:00

Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh

Eintritt 80,-/ 50,-

Marko M. Feingold

Veranstalter: Literaturhaus

Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh

Veranstalter: Literaturhaus

„Wir stellten uns hintereinander an, der erste nahm den Seifenpinsel, rührte die Seife, seifte sich das Gesicht ein, gab dem nächsten den Pinsel und schabte sich den Bart ab. Als ich drankam …, nahm ich den Pinsel, fuhr ein bißchen übers Gesicht, ging zum Spiegel, schaute hinein. Ich schaute nach links, schaute nach rechts. – ‚Da muß ein anderer hineinschauen in den Spiegel, das kann nicht ich sein!‘ Erst als ich eine Bewegung machte, begriff ich, daß ich es war. Zwei Knochen, Nase und Kinn, das war das Gesicht.“ Die Erinnerungen von Marko Max Feingold sind geprägt von Gegensätzen, zeigen Wendungen und Brüche in einem von Nationalsozialismus und Holocaust bestimmten Leben. Eine Kindheit im Prater, die durchtanzte Jugend im Wiener Grabencafé, Vertreterjahre für Flüssigseifen im faschistischen Italien der 30er Jahre, eine vergebliche Flucht vor den Nazis und die Verhaftung. Feingold überlebt die Unmenschlichkeit und die Grausamkeit der Konzentrationslager Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald. Nach der Befreiung etabliert sich Feingold eher zufällig in Salzburg als Betreiber einer Küche für KZ-Überlebende. Er hilft jüdischen Überlebenden aus Osteuropa auf ihrer abenteuerlichen Flucht nach Palästina, später eröffnet er ein eigenes Modegeschäft in Salzburg. Als Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde gestaltet er seit 1977 das öffentliche Leben von Salzburg mit. Sein Engagement gegen das Vergessen ist denen, die die Vergangenheit und die Schuld gerne verdrängen, ein Dorn im Auge. Sein Buch „Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Eine Überlebensgeschichte“ (Picus Verlag, 2000), herausgegeben von Birgit Kirchmayr und Albert Lichtblau, ist ein erzählerischer Rückblick auf Feingolds Leben, niemals sentimental oder anklagend – trotz des Erlittenen liegt darin Humor und Unbeschwertheit. Vor der Lesung spricht der Historiker Albert Lichtblau mit Marko M. Feingold. Marko M. Feingold, 1913 in Neusohl (heute Slowakei) geboren, wächst in der Wiener Leopoldstadt auf und verbringt seine Kindheit im Prater. 1938 Verhaftung in Wien, Flucht nach Prag, dann Polen, erneute Festnahme in Prag. Deportation ins KZ. Nach 1945 lebt er in Salzburg, seit 1977 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg.