Hans Jürgen Heinrichs (Frankfurt) spricht über Michel Leiris, dessen Werkausgabe er betreut hat und liest Essays aus den beiden zuletzt erschienenen Bänden "Der Reisende und sein Schatten" (1990) und "Inmitten der Fremde" (1992). Leiris (1901-1990) war Dichter, Reisender, Ethnologe. In seinem Werk zeichnet er ein komplexes Portrait der Moderne, die Konfrontation mit dem fremden "Archaischen" geschieht in Momentaufnahmen, Expeditionen ins Innere und Äußere der eigenen und fremden Kulturen. Unter dem Titel "Leidenschaften. Prosa, Gedichte, Skizzen und Essays" hat Heinrichs den letzten Band der Leiris-Ausgabe im Fischer-Taschenbuch Verlag herausgebracht. Der engagierte Essayist Heinrichs, geboren 1945, hat sich in seinem gerade erschienenen Band mit der Fremdenfeindlichkeit und der Angst vor Fremden beschäftigt. Unter welchen Bedingungen entsteht so eine in Aggressivität umschlagende Irritation vor dem Fremden, und wie kann man diese Gefühle überwinden? Ein Lösungsansatz ist der selbstreflexive, tolerante Umgang mit sich und der Umgebung, der anderes weder ausgrenzt noch vereinnahmt.