Vortrag: Manfred Mittermayer Der Schriftsteller Johannes Freumbichler ist einer breiteren Öffentlichkeit wohl vor allem als Großvater Thomas Bernhards bekannt. Jetzt dokumentiert eine Ausstellung die ungewöhnliche Biographie dieses literarischen Außenseiters. Zum einen wird ein Lebensweg dargestellt, der schon früh weg von der bäuerlichen Existenz führte, ohne je die ersehnte gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen. Die Exponate stammen fast ausschließlich aus dem Nachlaß Freumbichlers: erstmals gezeigte Bilder und Dokumente, aber auch die zahlreichen Notizbücher, in denen Freumbichler sein unbeirrbar verfolgtes Lebensprojekt vorbereitet und kommentiert hat. Zum anderen wird jedoch die intensive Beziehung zwischen Freumbichler und Bernhard nachgezeichnet, um das Fortwirken der großväterlichen Existenz in Bernhards Schreiben zu verdeutlichen. Der Zugang zu Freumbichlers Leben und Persönlichkeit erfolgt auch über Bernhards autobiographische Texte. Bernhard zeichnet seinen Großvater in seinen Texten als unnachgiebig seinen Weg gehenden (und letzlich dennoch scheiternden) Geistesmenschen in seiner ganzen Widersprüchlichkeit. Für Bernhard war der Großvater eine übermächtige Autoritätsfigur und zugleich die wichtigste Bezugsperson. Freumbichler machte ihn in einer kunstfeindlichen Umgebung mit Literatur und dem Schreiben vertraut. Nach dem Wunsch des Großvaters sollte das Enkelkind die eigenen unerreichten Wünsche in einer Künstlerexistenz (als Geigenvirtuose) verwirklichen. Bernhards literarische Auseinandersetzungen mit der Rolle der Kunst in unserer Zeit findet hier ihren lebensgeschichtlichen Hintergrund.