Die ORF-Produzentin Heidi Grundmann stellt an diesem Abend drei Beispiele aus der jüngsten Produktion des ORF Kunstradios vor. Alle drei 1993 produzierten Hörstücke, sind exemplarische Beiträge zu einer Radiokunst von LiteratInnen, die weniger in der Tradition des Hörspiels stehen, sondern vielmehr das Hörspiel reflektieren. "Nickelsdorf" von Lucas Cejpek ist ein Stück über das O-Ton- Hörspiel. Der Autor hat Nickelsdorf besucht, Interviews mit Bewohnern gemacht, den Ort beschrieben und die Autos, die durch Nickelsdorf fahren, gezählt. Das gesammelte O-Ton- Material wurde verschriftet und schließlich – von Nachrichtensprechern gesprochen -übereinander geschichtet. "Stimmenporträt/Ingeborg Bachmann" von Katharina Riese und Ulf Langheinrich reflektiert die Dichterin – in einer Montage von Ausschnitten aus Radiointerviews, die 20 Jahre (1953 bis 1973) umspannen – als Radiostimme. Die Stimme verändert sich, die Art des Radio-Auftritts ändert sich, eine Person wird lebendig. In seinem Radiostück "Große Brennessel – Gespräche im Transit" überschreitet Peter Pessl die Grenzen des Sagbaren. Er begibt sich in eine Extremsituation, in der er – in einer Art schamanistischem Gesang – den Radiohörern die Sprache der Dinge und Wesen zu vermitteln versucht, eine Sprache, die wir in unserem Alltag und unserer Literatur überhaupt nicht zu hören imstande sind.