Die Autorin Evelyn Grill im Gespräch mit Michael Schreckeis, Psychoanalytiker und Mitarbeiter der Sexualberatungsstelle. Moderation: Tomas Friedmann In der Biologie bezeichnet Potenz die Fähigkeit von Organismen zu Entwicklungsleistungen. Auf Sexualität bezogen wird Potenz für die Bezeichnung männlicher Geschlechtskraft benutzt, meist eingeschränkt auf das Funktionieren des Geschlechtsorgans. Der Reiz sexueller Faszination – um sie soll es an diesem Abend gehen – ist nicht zu trennen von der Erfahrung der Attraktion des Geheimnisvollen. Die Anziehungskraft von erotischer Potenz verweist auf Spuren geheimnisvoller Rätsel. Evelyn Grill legt in ihrem Roman „Ins Ohr“ die seelischen und körperlichen Befindlichkeiten einer Frau im Umbruch und Aufbruch frei. Sie gibt damit Anregungen, über „Anziehendes“ und „rätselhaft Reizendes“ nachzudenken. „,Ins Ohr’ flüstert man gewöhnlich Intimitäten, auch die Muschel des Telefons eignet sich zu diesem Zweck. So ist das, was Evelyn Grills Erzählerin hier ablegt, eine Art Ohrenbeichte, das stumme Gegenüber wohl eine gute Freundin. Während die Literatur heute allenthalben davon berichtet, wie herzlose junge Frauen männliche Skalps erbeuten, während sie, mit oder ohne Pop, den Kult der Jugend, der Szene, des Labels feiert, wird hier ungeniert die Geschichte einer, wie man wohl sagt, reifen Frau erzählt.“ (Daniela Strigl) Evelyn Grill, geboren 1942 in Garsten bei Steyr in Oberösterreich, lebt nach ihrem Jusstudium in Linz, ab 1986 in Deutschland, jetzt in Freiburg im Breisgau. Zuletzt erschienen die Erzählungen „Wilma“ (1994), „Hinüber“ (1999) und „Ins Ohr“ (2002) im Suhrkamp Verlag sowie die Romane „Vanitas oder Hofstätters Begierden“ (2005) und „Der Sammler“ (2006) im Residenz Verlag. Büchertisch: Rupertus Buchhandlung