Donnerstag,
28.01.99
20:00

Eintritt 130,-/80,-

Friedrich Achleitner
Gerhard Rühm
H.C. Artmann
Konrad Bayer

Veranstalter: Literaturhaus

Die Wiener Gruppe

Veranstalter: Literaturhaus

Nach einer Einleitung von Univ.Prof. Dr. Karl Müller über die Wiener Gruppe lesen Gerhard Rühm und H. C. Artmann, zwei Mitglieder des Kreises, dem außerdem Friedrich Achleitner, Konrad Bayer und Oswald Wiener angehörten. Danach präsentiert das Kabinetttheater Stücke der Wiener Gruppe. Die Bedeutung der Wiener Gruppe für die österreichische Literatur und Kunst ist – außerhalb interessierter Kulturkreise – erst in den vergangenen Jahren allgemein erkannt worden (Ausstellung in der Biennale 98 in Venedig, Ausstellung in der Kunsthalle 98/99 etc). Die Entstehung des Zirkels kann nur vor dem politischen und soziokulturellen Hintergrund der Zeit nach 1945 in Wien verstanden werden. In Österreich, einem Land, das im Zentrum eines sich neu formierenden Europa zwischen West und Ost lag und dessen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von katastrophaler Diskontinuität bestimmt war, entwickelte sich aus den geistigen Trümmern ein Kunstverständnis, das retrospektiv und werterhaltend agierte. Man klammerte sich an die Vergangenheit und wünschte sich in die geschönte Erinnerung der habsburgischen Welt zurück. Es war die Aufgabe der österreichischen Nachkriegsgeneration, im verstärkten internationalen Austausch ihre eigene Position zu finden und auf die nationalsozialistischen Phase und der sie vorbereitenden geistig-kulturellen Tendenzen, die ins 19. Jahrhundert zurückreichen, eine Antwort zu finden. Klar, daß sich die österreichischen Künstler dieser Zeit nur als Rebellen und Außenseiter definieren konnten. Die Wurzeln der Wiener Gruppe reichen in den progressiven “Artclub" zurück, der – 1946 in Wien gegründet – schnell zum Magnet für jeden Avantgardisten in der Haupstadt wurde. 1952 lernten sich Artmann und Rühm kennen, dann stießen Bayer, Wiener und später Achleitner zum Kreis, die mehr durch Freundschaft als durch ein striktes Programm zusammengehalten wurde. Nach einer Phase intensiver Auseinandersetzung gab es 1957 in Wiens “Intimen Theater" den ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt. Eine Serie von Lesungen gipfelte in zwei “Literarischen Kaberetts" (1958/59). 1958 begann sich die Wiener Gruppe auch schon wieder langsam aufzulösen, und als 1967 Rühm sein Standardwerk über die Wiener Gruppe (bezeichnenderweise in einem deutschen Verlag) veröffentlichte, war diese bereits (Literatur)Geschichte. Der Einfluß war und ist jedoch enorm. Bleiben wird sicher Artmanns erster Satz aus der “Acht-Punkte-Proklomation des poetischen Actes" (1953): “Es gibt einen Satz, der unangreifbar ist, nämlich der, daß man Dichter sein kann, ohne auch irgendjemals ein Wort geschrieben oder gesprochen zu haben."