Donnerstag,
01.07.99
20:00

Eintritt 130,-/ 80,-

Elfriede Gerstl
Julian Schutting
Robert Schindel

Veranstalter: Literaturhaus

1. Nacht der Lyrik

Veranstalter: Literaturhaus

Büchertisch: Kelten Buchhandlung Zum ersten Mal veranstaltet das Literaturhaus in Salzburg eine „Nacht der Lyrik“ (im Rahmen des Österreichschwerpunkts aeiou). Dafür wurden drei Schriftsteller eingeladen, die die heimische Gegenwartsliteratur entscheidend mitgeprägt haben. Elfriede Gerstl, Robert Schindel und Julian Schutting lesen eigene Gedichte und wurden gebeten, zusätzlich eine Lyrikerin, einen Lyriker ihrer Wahl einzuladen bzw. Gedichte von bereits verstorbenen österreichischen Autoren vorzustellen. Robert Schindel hat sich für Sabine Gruber (*1963) entschieden. Elfriede Gerstl liest Hertha Kräftner (1928-1951) und Otto Laaber (1934-1985). Julian Schutting präsentiert Reinhard Priessnitz (1945-1985). Die Musik der Lyrik-Nacht kommt von der bekannten Salzburger Bläser-Gruppe „Juvavum Brass“ (Horst Hofer/Trompete, Thiemo Besch/Horn, August Posch/Tuba, Dusan Kranj/Posaune, Erik Kern/Trompete). „In unserem postsozialen Zeitalter ein Dennoch. Gerstl als hartnäckig anwesende Frau eines nicht plakativen Feminismus“ beschreibt der Autor Andreas Okopenko seine Schriftstellerkollegin Elfriede Gerstl (* 1932 in Wien). Ihre Lyrik ist virtuos, sie macht die deutsche Sprache leicht und biegsam. Die Haltung in ihren Gedichten wie in ihren Essays ist von kritsicher Ironie, der Feminismus spielt dabei eine wesentliche Rolle. Geschlechterkampf, Mode, Literatur und Literaturbetrieb sind ihre Hauptthemen, die sie mit einem spöttischen Blick auf den „lifestyle“ abhandelt. Die Lyrik Robert Schindels (* 1944 in Bad Hall) kann trotz seines politischen Engagements nicht als Partei- oder Agitationsliteratur gesehen werden, obwohl ein 68er-Ich dahinter spürbar wird. Vor allem die jüdische Herkunft, die Schrecken der Kindheit zur Zeit des Holocaust und die damit verbundene Haßliebe zu seiner „Wortheimat“ Wien, für ihn „einst Welthaupstadt des Antisemitismus“, nun „Hauptstadt des Vergessens“, ist ein zentraler Punkt seiner Dichtung. Seine Literatur ist zugleich ein Erinnern an die alte Geschichte und das Erleben der neuen. Weiters stehen seine Erfahrungen in der Wiener „Beisl-Bohéme“, die innere Diskrepanz zwischen Lebensgier und Depression, das Ringen um die Sprache thematisch im Zentrum seiner Lyrik. Walter Jens charakterisiert sein lyrisches Werk in seiner Laudatio zur Verleihung des Erich-Fried-Preises (1993): „Das poetische Ich Robert Schindels gleicht einer Kunstfigur, die ständig `ankommt´, aber niemals `landet´, mit am Tisch sitzt und gleichwohl in der Tür steht“. „Sprache hat für Schutting mehr Realität als die sinnlich wahrnehmbare Wirklichkeit mit ihrer an Chaos grenzenden Mannigfaltigkeit“ (Karol Sauerland). Wenn die Definition des Schreibens auch eine Definition des Lebens sein kann, wird Schreiben glaubwürdig. Ilse Aichinger attestiert diese hohe Qualität den literarischen Werken Julian Schuttings (*1937 in Amstetten). Seine Dichtung ist keine Erbauungsliteratur, er sieht vielmehr Idyllen zu Normen erstarren, Rituale des menschlichen Lebens wie Taufen oder Beerdigungen werden auf das, was dazwischen und dahinter liegt, untersucht. „Der Beunruhigung mit der Lupe auf die Spur gekommen“ ist für Schutting eine mögliche Definition von Schreiben, das Verhältnis des Menschen zum Tod ein Leitmotiv seiner Literatur.